Die Architektur der Moderne brach in der Zeit der Weimarer Republik radikal mit den geschichtsbegeisterten Formen des 19. Jahrhunderts. Das wirkte sich mit nur geringer Verzögerung auch auf den Kirchenbau aus. Der weiße Kubus der Kirche St. Fronleichnam in Aachen von Rudolf Schwarz (1929/30) wirkte wie ein Fanal. Daneben gab es auch eindrucksvolle Kirchenbauten in schlichter, aber stärker der Tradition verbundener Erscheinung, z. B. von Dominikus Böhm.
Nach 1945 nahm der Kirchenbau in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Zerstörung der Städte sowie des Zuzugs Vertriebener einen bis dahin kaum vorstellbaren Aufschwung. Die Kirchen der Nachkriegsmoderne – insbesondere im Rheinland – gelten darum international als eine Baugruppe von epochaler Bedeutung. Allein im rheinischen Teil Nordrhein-Westfalens wurden nach Kriegsende etwa 1250 neue Pfarrkirchen gebaut (Wiederaufbauten in modernen Formen, Klöster und Kapellen nicht mitgerechnet). Wegweisende Architekten wie Otto Bartning, Dominikus und Gottfried Böhm oder Rudolf Schwarz hinterließen hier herausragende Sakralbauwerke. Neben ihnen gibt es einen noch kaum erahnten Reichtum an Kirchen unterschiedlichster Gestalt. Bei näherem Hinsehen offenbaren sich vielfältige regionale und konfessionelle Unterschiede. Außerdem wandelten sich die Formen im Lauf der Zeit. Kurz nach 1945 entstanden erste Kirchenneubauten mit fast provisorischem Charakter, manche gar in Bunkern und Ruinen. In den 1950ern Jahren gingen traditionelle, aus den 1930er Jahren entwickelte Formen einerseits und innovative Formen andererseits getrennte Wege, scheinbar ohne Kenntnis voneinander zu nehmen (wobei die zahlreichen Kirchen in traditionellen Formen in der Fachliteratur deutlich unterpräsentiert sind). In den 1960er Jahren explodierte dann die Formenvielfalt geradezu. Schon um 1970 brach das kirchliche Bauwesen fast abrupt ab, denn der Bedarf war nun reichlich gedeckt. Dennoch wurden auch weiterhin Kirchen von oftmals höchster Qualität gebaut, allerdings nur noch in sehr geringer Zahl. Für die modernen Kirchen beginnt gegenwärtig ein neues Zeitalter. Angesichts von Priestermangel sowie weiterhin sinkenden Gottesdienstbesucherzahlen werden viele – vorzugsweise moderne – Kirchen aufgegeben. Umnutzung oder Abbruch sind immer häufiger die Folge. Gleichzeitig wird diese Baugattung zu einem Teil des kulturellen Erbes. Viele, aber bei weitem nicht alle modernen Kirchen werden unter Denkmalschutz gestellt. Literatur Links |
Godehard Hoffmann (Texte), Jürgen Gregori (Fotos): Moderne Kirchen im Rheinland (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege, Band 81), Worms 2014 - Wernersche Verlagsgesellschaft, ISBN-13: 978-3-88462-346-6. |